Eigentlich sagt er gar nicht viel, dieser Pater Notker Wolf, aber gerade dadurch dringt er mit seiner Ansicht durch. Der ehemalige Abtprimas, also Vorsteher von über 16.000 Benediktinern weltweit, war am Freitag, den 27.04.2018, im AK PuZ zu Gast. Das gute Zuhören sei eine zutiefst unterschätzte Tugend und sein Verschwinden Ausdruck der Arroganz unserer Zeit. So meine auch der Westen stets, alles besser zu wissen und den Völkern, z.B. im Nahen und Mittleren Osten, seine Lebens- und Sichtweise aufdrängen zu müssen. Dies sei missverstandene Toleranz und Hilfeleistung, so der an Jahren fortgeschrittene, aber keineswegs altersmüde Pater aus der Erzabtei St. Ottilien.
Und er tut einiges dafür, um die „Mainstream“-verwässerten Standpunkte seiner Ansicht nach geradezurücken: So sei etwa die Organisationsstruktur des Benediktiner-Ordens, in dem jedes Kloster für sich selbst zuständig ist und dennoch auf die anderen angewiesen, durchaus ein Modell für die aktuell schwächelnde und von Krisen geschüttelte EU: „Je selbständiger, desto solidarischer.“ Auch habe er vor 50 Jahren sehr wohl Sympathien für die 68er-Bewegung gehabt, doch bedeute mehr Freiheit eben nicht tun und lassen zu können, was man wolle, sondern mehr Verantwortung wahrzunehmen. Und so seien auch die Zehn Gebote nicht „irgendwie veraltet“, im Gegenteil, man müsse sie als hochaktuelle Sozialregeln verstehen. Das Zusammenleben der Menschen brauche solche Regeln. Und deswegen verteidigt Pater Notker auch vehement das Grundgesetz und unsere deutschen Gesetze als Regeln für unser Land: „Und wer diese nicht anerkennt, der kann auch woanders hingehen.“ Solch klare Worte lassen die zahlreich anwesenden Schüler ab 10. Klasse und auch die Lehrerschaft durchaus aufhorchen.
Dabei darf sich Notker Wolf des Wohlwollens und des Interesses seiner Zuhörerschaft stets sicher sein. Was hat dieser so gebrechlich wirkende kleine Mann in seinem Leben nicht alles Unmögliches zustande gebracht? Altenheime in China gebaut, Festnahme in China in einen Tadel der ihn festnehmenden Polizeikräfte verwandelt, nahezu ausgelöschtes Christentum in mehreren Provinzen wieder auf gesunde Beine in mehreren Pfarreien gestellt – in China! Krankenhäuser in Nordkorea errichtet, Leben in St. Anselmo bei Rom, auf „Du und Du“ mit den Päpsten, Rockkonzerte mit seiner Band „Feedback“ … wo soll man aufhören? Und auch in diesem Kontext schafft es Pater Notker Wolf, festgefahrene und allgemeingültig scheinende Ansichten zu verändern. Auf die Frage, was ihm denn der Eintritt in einen Orden – vermeintlich ein Leben hinter Klostermauern – gebracht habe, antwortet er nur kurz: „Die Fülle.“