Faust I und II in 75 Minuten – ein Crashkurs für Schülerinnen und Schüler der Q12 im Altstadttheater Ingolstadt

Steckt hinter allem also eine Frau? – Diese Frage wirft sich nach dem Besuch einer sehr modernen Inszenierung von Johann Wolfgang von Goethes Klassiker Faust von Schülerinnen und Schülern der Q12 am Altstadttheater Ingolstadt auf. Faust, ein herabgekommener, völlig resignierter älterer Mann, hat die Hoffnung aufgegeben, doch noch den Sinn des Lebens zu finden und Allwissenheit zu erlangen. Just in dem Moment, als er seiner Existenz ein Ende setzen will, taucht eine weibliche Reinigungskraft in seinem Büro auf. Aber nicht irgendeine – an ihren roten Augen lässt sich – zumindest für den Zuschauer – rasch erkennen, dass etwas Diabolisches dahintersteckt. Schlussendlich kapiert auch Faust selbst, dass es sich bei der Gestalt um des „Pudels Kern“ handelt, nämlich um Mephisto, den Teufel, nur eben in Frauengestalt. Diese schließt, ganz klassisch, mit Faust rasch den Pakt um seine Seele und geht die Wette ein, dass in dem Moment, in dem dieser „zum Augenblicke sag[t]: Verweile doch! du bist so schön“, sein Leben erloschen ist und er Mephisto im Jenseits dienen muss.

Einen solchen AUGENBLICK, die Vorstellung davon als Teil des Bühnenbilds von den beiden Charakteren mit Klebestreifen ständig umbearbeitet, versucht nun Mephisto, eifrig, jedoch zunehmend genervt, zu schaffen, und er (sie!) wird vom ewig unzufriedenen Faust an den Rand des Wahnsinns gebracht. Dass dabei Mephisto in Frauengestalt auch zugleich in die Rollen der Hexe und des ziemlich hysterischen, naiven und überforderten, so gar nicht moralisch überlegenen Gretchens (im rosa Dirndl) schlüpft, impliziert, dass diese Figuren nur als Illusionen vom Teufel selbst erzeugt werden. Doch eben vergeblich – Faust, der ewige Grantler und Zweifler, lässt und lässt sich nicht zum dauerhaften Glück führen.

Dass nach einer Dreiviertelstunde der ganze Stoff des Faust I dargeboten war, ließ viele aufhorchen, wurde doch in einer weiteren halben Stunde auch noch gleich Faust II mit seinen Eckpunkten – Bauwut des Faust, die Figur der griechischen Helena, die Idee des Homunkulus, dem künstlich geschaffenen kleinen Menschen, gezeigt am Handyspiel Candy Crush, und Fausts Blindheit – durchgezogen, bis seine Figur ohne die erstrebte Vollkommenheit ein Ende nimmt.

Der mahnende Mephisto verbleibt – eine Rettung von Fausts Seele wird in dieser Inszenierung nicht sichtbar – und stellt zugleich die durchaus berechtigte Frage, wonach der Mensch eigentlich auf seiner Sinnsuche strebt. Die gelungene Darbietung mitsamt ihres reduzierten Bühnenbildes (Sandmuschel, Schaukel und Kinderrutsche) musste selbstverständlich, wie auch die Frage nach dem Sinn des Lebens selbst, im Deutschkurs weiter diskutiert werden.